Der Überwachungstestbetrieb der Münsterstraße ist die Fortführung einer falschen Sicherheitspolitik in der Dortmunder Nordstadt  

Die Polizei hat angekündigt am Montag, den 31. Mai 2021 mit einem Testbetrieb die Videoüberwachung in der Münsterstraße zu starten. Die Initiative gegen Videoüberwachung kritisiert dies und verweist auf anhängige Klagen sowie gründsätzliche Widersprüche polizeilicher Sicherheitspolitik. 

Zur Inbetriebnahme der Kameras erklärt Arthur Winkelbach von der Nachbarschaftsinitiative gegen Kamerüberwachung: „Sicher hat die Polizei Dortmund viel Geld und Zeit in dieses große Überwachungsprojekt gesteckt. Nach mehr als einem Jahr der politischen und juristischen Auseinandersetzung sehen wir aber weiterhin organisatorische, soziale und datenschutzrechtliche Probleme, die sich mit der Technik nicht lösen lassen.“ 

Die Initiative stellt den Sinn von Kameraüberwachung insgesamt in Frage und hat im Konzept klare Mängel identifiziert. Daher wurde im Herbst 2020 erst eine allgemeine Klage und später ein Eilantrag gegen die Überwachung eingereicht. Letzterer liegt derzeit beim Oberverwaltungsgericht in Münster. 

Gleichzeitig klagt in Köln eine Initiative gegen die Ausweitung von dortiger Videoüberwachung. In den bisherigen Urteilen dieser juristischen Auseinandersetzung werden weitere Auflagen genannt, die die Polizei Dortmund derzeit nicht umsetzt.  

Ein Beispiel:  Die Polizei möchte mit den Kameras Straßenkriminalität bekämpfen, filmt aber gleichzeitig Hauseingänge, Fenster von Privatwohnungen und auch die Zugänge zu grundgesetzlich geschützten Versammlungen. Die bisher vorgelegten Dokumente, die überhaupt nur aufgrund der Klage einsehbar wurden, zeigen kein Lösungskonzept für die Probleme mangelnder Transparenz und Grundrechtseingriffe.

Zwar hat die Polizei Hinweisschilder für Besucher*innen sowie für Anwohner*innen in der Münsterstraße aufgestellt, jedoch sind die Schilder erst im videoüberwachten Bereich sichtbar. Insbesondere Anwohner*innen können der Überwachung nicht entgehen. Sie werden dabei beobachtet wann und mit wem sie ihre Wohnungen betreten und verlassen. Die hochhängenden Kameras können außerdem in Fenster und auf Balkone filmen. Die Polizei hat bisher nicht schlüssig erläutern können, wie sie durch sogenannte „Schwärzungen“ die Übergriffe in die Privatssphären verhindern kann. Es bleibt auch offen welche „Schwärzung“ der Außengastronomie – die vor Gericht zugesagt wurde – konkret umgesetzt wird oder wie die Polizei Dortmund gedenkt mit der Erfassung von KfZ-Kennzeichen umzugehen. 

Hierzu hatte das Verwaltungsgericht Köln (Aktenzeichen 20 L 2344/20) bereits im Februar in einem Grundsatzurteil festgestellt: „§ 15a PolG NRW ermächtigt allerdings weder zur Videoüberwachung privater und/oder sensibler Bereiche noch zur KFZ-Kennzeichenerfassung.“ 

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss klargestellt: „Entsprechend hat der Antragsgegner sicherzustellen, dass Privatbereiche, d.h. Wohn- und Geschäftshauseingänge im Videobereich Neumarkt, der Eingangsbereich des Gesundheitsamtes und die KFZ-Kennzeichen der den Videobereich befahrenden Straßenverkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer unkenntlich gemacht/ verpixelt werden.“ 

„Jenseits dieser konkreten Gestaltungsfragen kritisert die Initiative die Pläne für die Videoüberwachung aber weiterhin grundsätzlich“, so Martin Pilpul, weiterer Sprecher der Initiative. Studien haben gezeigt, dass Videoüberwachung meist keine Effekte auf die Kriminalität haben. Die überwiegend sozialen Probleme lassen sich damit nicht lösen. Stattdessen befürchten wir, dass von der Polizei unerwünschtes Verhalten in die Nebenstraßen abwandert. Videoüberwachung, Taser, Schwerpunkteinsätze dienen vor allem der Stigmatisierung der Nordstadt und ihrer Bewohner*innen, um dann wiederum weitere ordnungspolitische Maßnahmen zu rechtfertigen.“