PM: Zum Abbau des Überwachungscontainers auf dem Mehmet-Kubaşık-Platz und der Doku „Eine Straße voller Kameras“.

Am 11.10.2021 wurde der Überwachungscontainer abgebaut, der seit dem 15. Juni den Mehmet-Kubaşık-Platz dominiert. Die Initiative gegen die Kameraüberwachung NOCAMDO begrüßt diesen Schritt und hofft, dass auch die Kameras in der Münsterstraße zügig abgeschaltet und abgebaut werden.

Während die Polizei die Maßnahme als Erfolg wertet, sieht sich die Initiative in ihrer Kritik bestärkt: Der Einsatz ist unverhältnismäßig und richtet sich gegen die Bewohner*innen der Nordstadt. Statt Probleme im Stadtteil wirklich anzugehen, soll Kleinkriminalität durch den Technikeinsatz nur verdrängt werden.

Die vergangenen Monate haben auch gezeigt, dass das Transparenzkonzept der Polizei nicht aufgeht und vermeintlich „technische Probleme“, wie die Nichteinhaltung der Überwachungszeiten, daran zweifeln lassen, dass ein rechtskonformer Einsatz der Kameras überhaupt möglich ist. Diese Einschätzung wird auch durch eine nun veröffentlichte WDR Doku bestätigt.

Wenn die Polizei ihre eigenen Statistiken ernst nimmt, sollten auch die Kameras in der Münster- und Brückstraße abgehängt werden

Die Initiative NOCAMDO hat grundsätzliche Zweifel an den Statistiken der Polizei, die bisher ohne wissenschaftliche Begleitung entstehen. So liegt kein Nachweis vor, ob die Kameras oder aber die Coronaschutzmaßnahmen den Grund für den vermeintlichen Rückgang von Delikten sind. Aber auch unabhängig von den konkreten Zahlen ist die Argumentationslogik der Polizei widersprüchlich. Auf der einen Seite werden „gesunkene Fallzahlen“ und das Argument der Verhältnismäßigkeit als Begründung für den Abbau des Überwachungscontainers angeführt. Auf der anderen Seite gilt dies nicht für die Videoüberwachung auf der Brückstraßesowie der Münsterstraße für festinstallierte Kameras – insbesondere für die Brückstraße ist der Rückgang der Zahlen seit Jahren von der Polizei selbst ermittelt worden. Hier zeigt sich, dass nicht rechtliche Argumente, sondern scheinbar Kostengesichtspunkte bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit eines massiven Eingriffs in die Grundrechte Vorrang haben.

Die Ankündigung der Polizei bei „steigenden Fallzahlen“ eine „Wiedereinführung der Videoüberwachung“ vorzunehmen, zeigt, dass neben der fehlenden wissenschaftlichen Evaluation auch durch Ad-Hoc Überwachungsmaßnahmen gerichtliche Überprüfungen sowie ggf. richterliche Einschränkungen der Überwachungsmaßnahmen erschwert werden, da die Maßnahmen ohne Ankündigungen durchgeführt werden.

Nichtsdestotrotz bewertet die Initiative den Abbau der Kameras positiv. „Wir erwarten nun, dass die Polizei bei ihrer ersten Evaluation der Daten aus der Münsterstraße zu dem selben Ergebnis kommt und konsequenterweise auch dort die Kameras abbaut“, so Artuhr Winkelbach, ebenfalls Teil der Initiative.

Dokumentation zeigt mangelnde Transparenz

Parallel veröffentlichte der WDR in den Abendstunden des 11. Oktobers die Dokumentation „Eine Straße voller Kameras: Muss die Polizei alles sehen?“, die im Sommer aufgezeichnet wurde. In der Dokumentation wird deutlich, dass vielen Anwohner*innen bis heute unklar ist, wann und ob Kameras eingeschaltet sind und welche Bereiche die Kameraüberwachung wirklich erfasst. Sie zeigt, dass ein Kommunikations- und Transparenzkonzept fehlt und offenbar keine Planungen existieren, die bestehenden Unklarheiten bei Anwohner*innen der Münsterstraße zu beheben. Auch ein am Anfang interviewter Polizeibeamter kann das Konzept mit grünen und roten Aufklebern nicht schlüssig erklären und der Polizeipräsident kann am Ende nur behaupten „man müsste erkennen“ welche Kameras ausgeschaltet seien.

Rechtlich interessant war in der Dokumentation ebenfalls die Frage von Schwärzungen bestimmter Bereiche im Überwachungsgebiet. So ist den betroffenen Geschäften, deren Besucher*innen und auch den Anwohner*innen bis heute nicht klar, welche außengastronomischen Bereiche geschwärzt wurden und welche nicht und auf welcher Entscheidungsgrundlage dies geschieht. Die Initiative hatte im Rahmen der Klage mehrfach auf diesen Missstand hingewiesen, ohne dass hier Klarheit geschaffen wurde. „Wir freuen uns, dass nun immerhin öffentlich wird, dass es überhaupt Schwärzungen gibt. Leider sind diese nicht ausreichend“, so Martin Pilpul, In der Dokumentation ist sichtbar, dass Hauseingänge von Wohnhäusern nicht geschwärzt sind – dies stellt nach Ansicht die NOCAMDO Initiative aber einen massiven Eingriff in das Grundrecht auf Privatssphäre dar.

Ebenfalls nicht geschwärzt sind die KFZ-Kennzeichen, hierzu liegt nach einer richterlichen Anordnung des Verwaltungsgerichtes Köln bzgl. der Kameraüberwachung in Köln zur Schwärzung eben dieser, ein offenes Verfahren beim Oberverwaltungsgericht in Münster vor. Bisher ist nach Aktenlage und technischer Konzeption keinerlei Ansatz erkennbar einen Grundrechtsschutz für KFZ-Halter*innen vorzunehmen.

Ebenfalls in der Dokumentation zu Wort kommt ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation „Train of hope“, der eindrücklich auf eine Problematik hinweist, vor der die Kritiker*innen der Kameraüberwachung stets gewarnt haben. Durch die Überwachung in Kombination mit rassistischen Stereotypen bei Polizeibeamt*innen kommt es nun vermehrt zu polizeilichen Kontrollen aufgrund der vermuteten Herkunft. Die schon lange bestehende Problematik des Racial Profiling wird durch die optische Totalerfassung des Raums der Münsterstraße somit nicht zurückgedrängt, sonder vielmehr noch weitergehend verstärkt und quasi institutionalisiert in alltägliches polizeiliches Handeln.

Kategorien: pressemitteilung

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